Man sagt, der Vorverstärker sei die „Seele“ jeder Hifi-Anlage – und seine wichtigste Funktion sei die Lautstärkeregelung. Mit Letzterer haben wir uns von Anfang an intensiv auseinandergesetzt, was in einer Technik gipfelte, die wir Variable Gain Transconductance (VGT) nennen und die wir in den Produkten der heutigen R- und 5er-Serie einsetzen. Teil 1 unserer ersten Ayre-Story beschreibt, wie wir den Vorläufer der VGT-Lautstärkeregelung entwickelten.
Das erste Ayre-Produkt, das unser Unternehmensgründer Charley Hansen 1993 auf den Markt brachte, war der V-3, ein symmetrisch aufgebauter Endverstärker ohne Gegenkopplung. Obwohl wir eine Zeit lang ausschließlich diesen einen Verstärker produzierten, war eine beachtliche Zahl an Händlern bereit, mit uns zu kooperieren, was wir der hohen Qualität des V-3 zu verdanken hatten.
Es war jedoch klar, dass irgendwann ein Vorverstärker folgen musste. Mit der für ihn typischen Besessenheit machte Charley sich an das Projekt und legte fest, dass sein erster Vorverstärker mindestens so viel Transparenz und Auflösungsvermögen bieten sollte wie der Endverstärker V-3. Er sollte im positiven Sinne keinerlei Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und dafür war die Lautstärkeregelung Charleys Erfahrung nach von größter Bedeutung.
Das Innenleben des Endverstärkers V-3
Folgendes Problem stellt sich dabei: Quellkomponenten wie D/A-Wandler oder Tuner geben eine vergleichsweise hohe Spannung aus, um den Störabstand zu erhöhen und ausreichend „Reserven“ für hohe Pegel zur Verfügung zu stellen. Eine moderate Lautstärke lässt sich mit einer konventionellen Lautstärkeregelung folglich nur erreichen, indem man die hohe Signalspannung gleich nach dem Eingang wieder abschwächt. Dies wird üblicherweise mithilfe von Potentiometern oder Widerständen bewerkstelligt; zusätzliche Bauteile im Signalweg beeinträchtigen jedoch fast immer die Klangqualität.
Um herauszufinden, welche Methode der Spannungsdämpfung den geringsten Einfluss auf das Signal hat, verglich das Entwicklungsteam Widerstandsleitern (mit bestimmten Werten für jede Lautstärkestufe), mehrere Widerstände in Serie (die zusammen dieselben Werte ergaben) und Potentiometer unterschiedlichster Art. Am wenigsten „Schaden“ richteten ihrer Meinung nach die Widerstandsleitern an.
Nun brauchte Charley noch eine Technik, welche die jeweils benötigten Widerstände in den Signalweg einsetzt, wenn man den Lautstärkeregler betätigt. Shallco, ein hochspezialisierter Hersteller von Schaltern, hielt eine Lösung parat: ein Stufenschalter mit 46 Schaltstellungen und Silberkontakten, die bei jeder Änderung der Lautstärke einen sauberen, verlässlichen Kontakt mit dem jeweiligen Widerstand herstellen würden. Charley war klar, dass diese Lösung sowohl aufwendig als auch teuer würde. Weil der Vorverstärker symmetrisch aufgebaut sein sollte, benötigte er zudem nicht nur zwei dieser Schalter, sondern vier (zwei Kanäle mit je zwei Phasen).
Der aufwendige Stufenschalter von Shallco
Die Schaltungen des Vorverstärkers, der schließlich die Modellbezeichnung K-1 erhielt, waren an der hinteren Gehäusewand angebracht. So konnte Charley den Signalweg zwischen Eingang und Ausgang sehr kurz halten.
Die ungewöhnliche Konstruktionsweise bedeutete jedoch auch, dass die Stufenschalter für die Lautstärkeregelung über eine Metallachse mit dem Bedienelement an der Front des Gehäuses gekoppelt werden mussten. (Die Achsen passten nicht immer genau und mussten dann mühsam runtergefeilt werden, um einem Ruckeln bei der Bedienung vorzubeugen.) Riemen übertrugen die Kraft von der Achse an die vier Stufenschalter, man musste sich daher ein wenig „ins Zeug legen“, um die Lautstärke zu ändern.
Der K-1 wurde ab 1996 produziert. Im folgenden Jahr kam die neue Lautstärkeregelung in einer kostengünstigeren (aber immer noch durchaus aufwendigen) Abwandlung im Vorverstärker K-3 zum Einsatz. Es folgten die Endverstärker V1 sowie weitere Produkte und 2007 schließlich der MX-R, ein kompromisslos aufgebauter Mono-Endverstärker in einem massivem Aluminiumgehäuse. Damit stand Charley erneut vor der Aufgabe, einen passenden Vorverstärker zu entwickeln. Diesmal musste er jedoch dem „R“ in der Modellbezeichnung gerecht werden – es stand für „Referenz“. Mehr dazu folgt in Teil 2.
Der ab 1996 produzierte Vorverstärker K-1